Brief 15: 18.Mai 1949

von | Juli 23, 2022 | Briefe | 0 Kommentare

Brief No. 15 vom 18. Mai 1949 schreibt Hajo an Tante Marie und berichtet von den Erlebnissen in Genua, der Besichtigung des höchsten Hauses in Europa und dem berühmten Monumentalfriedhof Staglieno sowie den Vorbereitungen auf die Einschiffung nach Brasilien.

Beatrice Schumacher: „Danzas“, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.09.2005. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/041890/2005-09-12/

Reisebüro Danzas

Danzas, ein internationales Transport- und Speditionsunternehmen, hat seine Wurzeln in einem bereits 1806 im elsässischen Saint-Louis durch Louis Danzas gegründeten Betrieb, den dieser ab 1840 unter eigenem Namen führte. Schon damals vermittelte das Unternehmen Transportleistungen nach Übersee und war die offizielle Agentur der Postschiff-Gesellschaft Le Havre- New York.

Unter Emile Jules Danzas, dem Sohn von Gründer Louis, wurde der Sitz nach Basel verlegt. 1872 wurde eine Filiale in Zürich eröffnet. Das Unternehmen spezialisierte sich auf den sogenannten Sammelverkehr nach dem Ausland. Bereits 1878 wurde Danzas Kommanditgesellschaft und 1903 Aktiengesellschaft.

1919 wurde eine Danzas GmbH in Deutschland gegründet und gleichzeitig eine Reise- und Auswanderungsagentur eröffnet, die sich in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen zum Reiseveranstalter entwickelte. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Filialen in Frankreich und Italien hinzu.

1961 wurde das Unternehmen reorganisiert und spezialisierte sich auf das Verzollungsgeschäft in Europa. Durch Abschaffung der Zollschranken innerhalb der EU erlitt das Unternehmen 1993 einen starken Einbruch.

Es folgte eine erneute Restrukturierung mit Fokussierung auf den Geschäftsbereich Logistik und dem Verkauf des Reisegeschäfts.

1999 wurde der Betrieb von der Deutschen Post übernommen.

Quelle:

Beatrice Schumacher: „Danzas“, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.09.2005. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/041890/2005-09-12/

Genua – Denkmal „Christoforo Columbo“

Christoph Kolumbus (Christoforo Colombo) soll um 1451 in Genua geboren worden sein und seine ersten 20 Lebensjahre dort verbracht haben. Er war ein italienischer Seefahrer in kastillischen (im Mittelalter ein Königreich der iberischen Halbinsel) Diensten, der 1492 Amerika wiederentdeckte, als er eine Insel der Bahamas erreichte. Er wollte ursprünglich den Seeweg nach Indien über den Westkurs finden.

Im Laufe seines Lebens unternahm Kolumbus vier Entdeckungsreisen u.a. nach Kuba, und Jamaika und entdeckte die Insel Trinidad.

Auf diesen Reisen verlor er insgesamt neun Schiffe. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er zurückgezogen und von der Öffentlichkeit unbeachtet. Bis zu seinem Lebensende war er der Ansicht, er habe eine Route auf dem Seeweg zum chinesischen Teil des indischen Festlandes (lat. Indias) gefunden.

Er starb am 20. Mai 1506 in Valladolid im Alter von etwa 55 Jahren. Als Todesursache vermuten Wissenschaftler die Auswirkungen einer reaktiven Arthritis. Zunächst in Sevilla begraben, wurde sein Leichnam auf Wunsch seines Sohnes 1542 nach Santo Domingo in die Kathedrale überführt. Dort verblieb er bis 1795. Danach überführte man die mutmaßlichen Gebeine nach Kuba in die Kathedrale von Havanna. 1898 wurden seine sterblichen Überreste erneut aus dem Grab gehoben und nach Sevilla gebracht.

Das Denkmal in Genua wurde vom Bildhauer Lorenzo Bartolini geschaffen und 1862 eingeweiht. Die zur Straße weisende Seite trägt die Widmung „A Christoforo Colombo La Patria“. Die zwei Bronzekränze am Sockel wurden 1982 angebracht.

Auf der Rückseite ein Lobpreis. „Divinato un mondo – lo avvinse die perenni benefizi all antico„(Kolumbus hat eine neue Welt entdeckt zum ewigen Nutzen der alten).

An den vier Enden des Sockels sitzen Statuen, die die Kolumbus zugeschriebenen Tugenden verkörpern: Frömmigkeit, Wissenschaft, Beständigkeit und Klugheit.

Weiterführende Informationen:

Christoph Kolumbus:

https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Kolumbus

Christoph Kolumbus und Genua:

ogy.de/ygx8

ogy.de/b9ph

Die Entdeckung Amerikas:

https://de.wikipedia.org/wiki/Entdeckung_Amerikas_1492

Stazione Marittima – Genua Hafen

Stazione marittima, wörtlich übersetzt der „Meeresbahnhof“, ist ein Passagierterminal in der norditalienischen Stadt Genua und heute der wichtigste Ein- und Ausschiffungsort für den Verkehr von Kreuzfahrtschiffen. Er zählt zu den größten Kreuzfahrtterminals Italiens.

Das Hafengebiet der heutigen Stauione Marittima lag im Laufe der Jahrhunderte im Mittelpunkt des Handelsschiffsverkehr: Zunächst Entladungs- und Handelszentrum von Gütern war die Statzione später Abfahrtsort vieler Migranten.

2001 komplett restauriert, war das Hafengebiet offizieller Treffpunkt des G8-Gipfels in Genua.

Weiterführende Informationen

Fakten:

https://de.wikipedia.org/wiki/Stazione_marittima_di_Genova

Interessantes Video zum Bau:

ogy.de/sdjq

Aktuelle Seite des Hafens:

ogy.de/7i20

Monumentalfriedhof Staglieno

Der Monumentalfriedhof „Staglieno“ in der Hauptstadt von Ligurien und wichtigen Hafenstadt Genua, wurde von Ernest Hemingway als „eines der Weltwunder“ bezeichnet. Er ist ein wahres Freilichtmuseum und zählt zu den faszinierendsten und bedeutendsten Friedhöfen in Europa.

Er erstreckt sich auf einem mehr als 1 km2 großen Areal an einem geneigten Berghang im Stadtteil Staglieno. Geländestufen werden für Arkaden und Kolonnaden mit mehrstöckigen Urnennischen genutzt. In den steileren Bergflanken finden sich im parkartigen Gelände verschiedene Familiengruften.

Entwickelt wurde die Anlage 1835 vom Genueser Stadtbaummeister und Architekten Carlo Barabino (1786-1835), der eine Stadt der Toten darin sah. Allerdings wollte man auch dem hygienischen Standard der Zeit gerechter werden.

Nach seinem Tod setzte sein Mitarbeiter Giovanni Battista Resasco (1798-1871) 1844 den Plan um. Offiziell wurde der Friedhof am 1. Januar 1851 eröffnet.

Bemerkenswert sind die vielen, häufig mit Pomp ausgestatteten Grabmäler und figürlichen Darstellungen. Staglieno gilt als ein einzigartiges Museum der Bildhauerei der letzten 150 Jahre und seiner Stilepochen von Barock über Klassizismus, Romantik, Naturalismus bis hin zum Jugendstil und Art déco. Meist sind die Bauwerke aus Marmor, vornehmlich dem weißen Carrara-Marmor gefertigt.

Auf dem Friedhof finden sich viele Begräbnisstätten berühmter Persönlichkeiten, wie z.B. der Frau des Dichters Oscar Wilde, Mary Constance Wilde, dem Dichter Mario Malfettani (1872-1911), dem Politiker Giuseppe Mazzini (1805-1872) oder dem Comiczeichner Giovan Battista Capri (1927-1999).

Ebenso waren viele illustre Besucher von diesem Ort und seiner Schönheit verzaubert. So u.a. Mark Twain, Friedrich Nietzsche, Guy de Maupassant oder Elisabeth von Österreich.

Weiterführende Informationen

Staglieno: 

https://de.wikipedia.org/wiki/Monumentalfriedhof_Staglieno

Detailinformationen:

https://www.ancient-origins.de/orte-europa/staglieno-friedhof-007403

Aktuelle Seite des Friedhofs:

ogy.de/ufsm

Ein Foto aus Hajos Tagebuch.

Torre Piacentini

Der Torre Piacentini (heute Terrazza Martini Tower)  ist ein Wolkenkratzer in Genua, der vom Architekten Marcello Piacentini und dem Ingenieur Angelo Invernizzi entworfen wurde. Das 1940 eingeweihte Gebäude war einer der ersten Wolkenkratzer in Europa, bis 1952 das höchste Gebäude Europas und bis 1954 das höchste bewohnbare Gebäude Italiens. Derzeit steht das Gebäude an 213. Stelle der höchsten Wolkenkratzer Europas. Und ist mittlerweile nur noch das zweithöchste Gebäude der Stadt Genua.

Es wurde von 1935 bis 1940 erbaut und ist 108 Meter hoch, hat 31 Stockwerke, und steht 132 Meter über dem Meeresspiegel.

Bis in die 1980er Jahre befand sich im obersten Stockwerk die Martini-Terrasse, die heute in Colombo-Terrasse umbenannt wurde.

Seit den Jahren unmittelbar nach seinem Bau ist es bei den Einwohnern jedoch nicht mehr unter dem oft vergessenen Namen des Konstrukteurs bekannt und benannt, sondern als: Grattacielo.

Dieses Foto hat Hajo selbst – wahrscheinlich mit seiner Leica IIIc – selbst aufgenommen.

Weiterführende Informationen

Interessantes Video zur Entstehung:

ogy.de/7um5

Der Architekt Marcello Piacentini:

https://de.wikipedia.org/wiki/Marcello_Piacentini

Ein nur als Negativ erhaltenes Foto von Hajo. Wir vermuten, dass es die Kapelle im Torre Pieacentini zeigt, die die Musik von Paul Lincke spielten.

Musik von Paul Lincke

Paul Lincke (1866-1946) war ein deutscher Komponist und Theaterkapellmeister, der als „Vater“ der Berliner Operette gilt. Seine Bedeutung für Berlin wird mit der von Johann Strauß für Wien oder der von Jacques Offenbach für Paris verglichen.

Er komponierte Operetten wie z.B. Frau Luna (1899), Grigri (1911) oder Ein Liebestraum (1940).

Bekannt sind u.a. auch  „Berliner Luft“, „Das Glühwürmchen Idyll“ oder der Walzer „Verschmähte Liebe“.

NS-Kriegsverbrecher Adolf Eichmann – auf einem Schiff in Richtung Argentinien. © imago images / United Archives International Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/fluchthilfe-fuer-ns-verbrecher-die-rattenlinie-nach-100.html

Bekannte Gesichter

Wie schon zu Brief No.11 beschrieben, befand sich u.a. Genua am Ende der sogenannten „Rattenlinie“. Über die Rattenlinien gelang es nach dem Zweiten Weltkrieg einer großen Zahl von NS-Tätern, Faschisten und Kollaborateuren aus unterschiedlichen europäischen Ländern zu fliehen, um einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen. Viele gelangten über Italien nach Südamerika, vorzugsweise nach Argentinien. Teilweise sogar mit Unterstützung durch das Rote Kreuz oder der päpstlichen Hilfskommission.

Wir konnten leider in keinen der vorhandenen Dokumente von Hajo erkennen, welches „Gesicht“ ihm in Genua bekannt vorkam. Unsere eigenen Recherchen ergaben, dass es sich vielleicht sogar um den nationalsozialistischen Kriegsverbrecher Josef Mengele (1911-1979) gehandelt haben könnte. Dieser war zum Kriegsende Lagerarzt im KZ-Groß-Rosen, zu dem auch im weiteren Sinne die Struktur von Dyernfurth gehörte, wo Hajo unter Zwang an Giftgasen forschen musste.

Mengele, als Knecht getarnt, traf er bereits im Sommer 1948 Vorbereitungen für seine Flucht nach Argentinien. Am 15. April 1949 fuhr er nach Innsbruck und traf am 17. April in Steinach am Brenner seine Fluchthelfer, die ihn über die „grüne Grenze“ nach Italien schleusten. Danach hielt er sich im südtirolerischen Sterzing auf, wo er gefälschte Ausweispapiere auf den Namen „Helmut Gregor“ erhielt. Damit wandte er sich im Mai 1949 in Genua an das Schweizer Konsulat, das ihm einen Pass des Roten Kreuzes ausstellte. Durch Bestechung erhielt er ein italienisches Ausreisevisum und verließ am 25. Mai 1949 mit dem Schiff North King Genua mit dem Ziel Buenos Aires.

Weiterführende Informationen

Bundeszentrale für politische Bildung: Südamerika ein begehrtes Fluchtziel von NS-Verbrechern

https://www.bpb.de/themen/migration-integration/laenderprofile/suedamerika/317754/argentinien-ein-begehrtes-fluchtziel-von-ns-verbrechern/

Josef Mengele:

https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Mengele

 

Ein Negativ aus Hajos Sammlung. Wir vermuten, dass es sich hier um die Italiener aus der Nähe von Florenz handelt, die Hajo in seinem Brief beschreibt:  Francesco Calcagno links (Onkel) und sein Neffe Guiseppe Vanesci (rechts).

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