Brief 24: Weihnachten 1950 – Frühjahr 1951

von | Dez. 10, 2022 | Briefe | 1 Kommentar

Der 24. und damit der (vorläufig) letzte Brief unserer Brief-Geschichte. Während Hajo zum Weihnachtsfest 1950 seine Schwester auffordert, zu ihnen nach Brasilien zu kommen, schildert Christine die Höhen und Tiefen zwischen dem Sommer 1950 und dem Frühjahr 1951. Nach vielen Unwegsamkeiten beginnen beide aber zum Jahreswechsel 1951 in der ersten eigenen Wohnung hoffnungsfroh in die Zukunft zu schauen.

Pico de Itabirito – das Wahrzeichen der Stadt besteht vollständig aus Eisenerz.

Itabirito

Die Stadt Itabirito liegt im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais rund 320km nördlich von Rio de Janeiro und 57 km von der Hauptstadt Belo Horizonte entfernt. Auf einer Fläche von 542,6 km2 leben hier nach einer Schätzung von 2019 51.875 Menschen.

Wahrzeichen der Stadt ist der etwa 10km entfernt liegende und 1.586m hohe Berg Pico de Itabirito. Er besteht vollständig aus Eisenerz und wird aufgrund seiner Farbe auch „pedra Sangue“ (Blutstein) genannt. Die Ernennung zum Nationalen Naturdenkmal 1926 wurde allerdings 1965 wieder aufgehoben, nachdem sich das Bergbauareal weiter ausdehnte. 1991 wurde der Kernbereich des Berges erneut unter Schutz gestellt.

Der Eisenbergbau in der Region um Itabirito ist wegen seiner großen Lagerstätte aus dem Präkambrium (Zeitraum von der Entstehung der Erde bis zur Entwicklung der Tierwelt) weltweit bekannt.

Der deutsche Geologe Wilhelm Ludwig von Eschwege, der Brasilien und auch die Eisenerzlagerstätte in Itabirito zwischen 1810 und 1821 erkundete und 29 Eisenwerke in Brasilien einrichtete, benannte das vorgefundene Gestein als Itabirit.

Eine Aufnahme von Hajo, die sich in seinem Bericht über Itabirito fand. Wir gehen davon aus, dass es sich wohl um das Haus handelt, was er für sich und Christine angemietet hat, als er noch auf die Anstellung in Esperance hoffte.

Weiterführende Informationen

Wiki-Fakten über die Stadt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Itabirito

Interessante Filmaufnahmen über die Abbaugebiete rund um den Pico de Itabirito:

ogy.de/53bn

Film über die Stadt und Region (portug.):

ogy.de/a8b3

Itabirit/Bändererz:

https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%A4ndererz

Wilhelm Ludwig von Eschwege:

https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Ludwig_von_Eschwege

 

Dermatol

Dermatol Pulver wurde früher u.a. von der Fa. Bayer hergestellt. Hauptbestandteil ist Bismut (bzw. eine Bismut-Verbindung „Bismutgallat“). Die Bismutverbindung hat antimikrobielle, entzündungshemmende, schleimhautschützende und adstringierende Eigenschaften.

Damals wie heute wird es angewendet als Deodorant, bei Hautentzündungen, bei der Wundheilung oder zur Desinfektion.

Rudolf/Rodolfo Weigel: Selbstportrait. Gefunden bei Mercado Livre.

Rodolfo Weigel

Leider konnten wir nicht abschließend klären, um welchen „österreichischen Maler Weigel“ es sich gehandelt hat, den Hajo und Christine beschreiben, und der sich für eine Anstellung Hajos eingesetzt hat.

Wir vermuten allerdings, dass es sich um Rodolfo (Rudolf) Weigel gehandelt haben könnte. Außer verschiedener seiner Werke, die vielfach Orte und Landschaften in Brasilien darstellen, konnten wir lediglich seine Lebensdaten in Erfahrung bringen.

Er lebte von 1907 bis 1987.

Weiterführende Informationen

Eine Facebook-Seite, die ihm gewidmet ist:

https://www.facebook.com/pintorrodolfoweigel/

General Electric

General Electric ist ein US-amerikanischer Konzern, der als einer der größten Mischkonzerne (d.h. in verschiedenen Wertschöpfungsketten und Branchen aktiv) der Welt gilt.

Die Firmengründung 1892 geht auf den Elektro-Pionier Thomas Edison zurück. Zunächst in Schenectady (US-Bundesstaat New York), später in Fairfield (Connecticut) beheimatet, hat der Konzern nun seit 2016 seinen Sitz in Boston (Massachusetts).

Laut den Forbes Global 2000 stand der Konzern mit einem Umsatz von 123,7 Milliarden US-Dollar auf Platz 14 der weltgrößten Unternehmen.

General Electric wurde bereits mit elf weiteren Unternehmen 1896 auf dem neu eingeführten Dow Jones Index gelistet. Als einziges Unternehmen dieser ersten zwölf wurde es bis 2018 gelistet, und schied dann im Juni 2018 aus dem Index aus.

Heute wirtschaftet General Electric vor allem in den Bereichen Energie, Gesundheit, Transport und Finanzierung. Weltweit sind rund 300.000 Mitarbeiter in über 100 Ländern beschäftigt, 80.000 von ihnen in Europa.

Seit 1919 ist General Electric auch in Brasilien vertreten und hat sich hier vornehmlich mit Produkten und Dienstleistungen im Bereich Infrakstruktur, Energie und Gesundheit etabliert.

Weiterführende Informationen

Wiki-Fakten: 

https://de.wikipedia.org/wiki/General_Electric

Firmenseite:

https://www.ge.com/

Historische Ansichtskarte vermutlich vor 1900.

Ilha do Governado (Gouverneur-Insel)

Die Gouverneursinsel (Ilha do Governador) ist mit 42km2 die größte Insel in der Guanabara-Bucht und heute ein Stadtteil von Rio de Janeiro. Hier leben rund 450.000 Menschen.

Der Name stammt aus dem 16. Jahrhundert und erinnert an einen Gouverneur, der während der Kolonialzeit ein Haus auf dieser Insel errichtete. Die Bewohner von Rio (Cariocas) nennen die Insel meist nur „Ilha“.

Seit 1949 ist de Insel durch die Ponte do Galeao mit der Fundao-Insel verbunden, die wiederum mit dem Festland verbunden ist. Heute sind drei weitere Brücken hinzugekommen, so dass der Inselcharakter weitestgehend verloren ist.

Über ein Drittel der Insel wird vom Internationalen Flughafen Rio de Janeiro-Antonio Carlos Jobim vereinnahmt.

Die Wohnfläche ist zu einem beträchtlichen Teil mit Favelas (Armensiedlungen) bedeckt.

Hans Windisch – Foto: Seban Reiserer † Quelle: photoinfos.com

Hans Windisch

Hans Windisch (1891-1965) war ein deutscher Fotograf, Graphiker, Illustrator und Bestsellerautor.

Er wurde als Fabrikantensohn in Niederlößnitz bei Dresden geboren, wo er auch zwischen 1907 und 1909 eine Lehre in einem kunstgewerblichen Atelier absolvierte, nachdem er das Gymnasium mit Sekundarreife verlassen hatte. 1911 erwarb er an der Kunstgewerbeschule und dann an der Kunstakademie Dresden das Fachlehrerzeugnis.

Bis zur Einberufung in den Ersten Weltkrieg arbeitete er freiberuflich als Maler und Grafiker. Seine einschneidenden Kriegserlebnisse führten zum Austritt aus der Kirche und Hinwendung zu Arbeiterorganisationen.

Nach dem Kieg absolvierte er parallel zu seinen grafischen Arbeiten, eine fototechnische Ausbildung. 1926 wurde er Redaktionsleiter der Hauszeitschrift von Photo-Schaja in München.  1927 gab er den ersten Band von „Das deutsche Lichtbild“ im Berliner Verlag Robert & Bruno Schultz heraus.

Ende der Zwanziger Jahre verließ Windisch die Grafik und wandte sich ganz der Werbung für die Fotografie sowie der Fotografie selbst zu. Die Vermittlung von fotografischen Kenntnissen an Interessierte war für ihn von immer größer werdender Bedeutung. Während der Zeit des Nationalsozialismus konnte Windisch zwar als Fotograf weiterarbeiten, stimmte aber mit der Politik nicht überein. Diese Zeit bezeichnete er später als „geistiges KZ auf der unverfänglichen Domäne phototechnischer Lehrbücher“.

Mitte der 1930-er Jahre lernte er den Verleger Walther Heering kennen, der 1932 in Halle einen Fotoverlag gegründet hatte. Gemeinsam brachten sie 1936 die „Neue Fotoschule“ heraus. Diese machte ihn bereits in dieser Zeit und bis zu seinem Lebensende zum internationalen Beststellerautor. Die Neue Fotoschule gilt als meistverbreitetes Lehrbuch der Fotografie weltweit und wurde bereits bis 1939 sogar in mehreren Auflagen in englischer und französischer Sprache verlegt.

Aufgrund eines schweren Unfalls mit bleibender Behinderung 1935, wurde Windisch aus der Wehrmacht ausgemustert und zog mit seiner Ehefrau Ilse von Berlin an den Chiemsee. Dort lebten beide zurückgezogen und widmeten sich neben der Fotografie auch alternativen Gartenbautechniken.

Noch während des Krieges folgte ihm der Verleger Heering an den Chiemsee, wo er in Seebruck seinen Verlag betrieb.

Windisch arbeitete bereits ab 1940 an einer durch die Kantische Philosophie geprägten Abrechnung mit dem Nationalsozialismus, die unter dem Titel „Führer und Verführte“ 1946 erschien.

Nach seinem Tod 1965 wurde seine Foto-Schule vom Fotografen Theo Kisselbach fortgeführt. 1977 gab der Goldmann Verlag zusätzlich genehmigte Lizenzausgaben heraus. Mit dem Verschwinden des Belichtungsmessers und den folgenden weiteren technologischen Veränderungen in der Fotoindustrie, wurden dann allerdings seine Bücher ausgelistet.

„Die neue Foto-Schule“ von Hans Windisch in einer Ausgabe von 1937. Wir gehen davon aus, dass dies das „Windischbuch“ ist, von dem Hajo seinem Freund Werner schreibt und ihn bittet dieses für ihn aufzutreiben.

Windischentwickler W665

In seinem Buch heißt es zur Formel W 665: „Die Formel W665 besitzt eine bei echten Feinkorn-Entwicklern bisher nicht gekannte Ausnutzbarkeit. Bei stets gleichfeinem Korn lassen sich in genügender Entwicklermenge mindestens 15 Leica-Film zu 36 Negativen entwickeln.“

Die Formel selbst können Interessierte gern im „Windischbuch“ nachlesen – siehe Link unten.

Weiterführende Informationen

Hans Windisch:

https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Windisch_(Fotograf)

Hier kann man die Fotoschule online lesen – ein wunderbares Projekt von Thomas Gade:

https://www.photoinfos.com/Fotoliteratur/Windisch_Fotoschule/Windisch0001.htm

Zum Original-Rezept des Windischentwicklers W665:

https://www.photoinfos.com/Fotoliteratur/Windisch_Fotoschule/Windisch0012.htm#Ortho12

Erinnerungsseite an Dona Anna, die chemischen Dünste und ihre sprechenden Papageien in den Aufzeichnungen von Hajo und Christine. Das kleine Foto zeigt das Zimmerchen der beiden mit dem Fenster zum Baum. Hier Fotos zu entwickeln war sicher ein Abenteuer.

Ortho-Phenylendiamin, Metol, Hydrochinon

Liest man die Bestellung von Hajo an seinen Freund Werner, so erstaunt es, dass Chemikalien und dann gleich in solchen Mengen, zur damaligen Zeit „einfach so“ verschickbar gewesen sind.

Und, wenn man dann mehr über die Eigenschaften dieser Stoffe erfährt und sich den Einsatz dieser im Zimmer von Hajo und Christine vorstellt – dann – ist die Sorge von Dona Anna die „chemischen Dünste betreffend, wohl nicht von der Hand zu weisen gewesen.

O.-Phenylendiamin ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der aromatische Diamine und ein wichtiges Ausgangsprodukt für organische Verbindungen. Die Verbindung wird als giftig und umweltgefährlich eingestuft. Sie wird u.a. bei der Herstellung von Kunststoffen und Photochemikalien, Pflanzenschutzmitteln, UV-Absorbern in Kosmetika, Haarfärbemitteln, etc. verwendet.

Die Verwendung von O.-Phenylendiamin zur Herstellung von Haarfärbemitteln wurde bereits 1888 von Ernst Erdmann entdeckt. Heute geht man davon aus, dass viele allergische Reaktionen bei Friseuren durch den Kontakt mit diesem Stoff beruhen.

Metol wird in der Schwarzweißfotografie als Entwickler für Schwarzweißfilme verwendet. Eine Standardformulierung mit Metol und Hydrochinon ist z.B. der Filmentwickler Kodak D-76.

Metol reizt Augen, Haut und Atemwege. Es ist gesundheitsschädlich und sensibilisierend bei Berührung mit der Haut und beim Verschlucken. Es ist stark wassergefährdend und daher als umweltgefährlich eingestuft.

Hydrochinon ist ein farbloser Feststoff, der in vier polymorphen Kristallformen auftreten kann. Friedrich Wöhler entdeckte den Stoff 1844 bei der trockenen Destillation der Chinasäure.

In der Natur kommt Hydrochinon als 10%-ige Lösung zusammen mit 28%igem Wasserstoffperoxid in den Abwehrdrüsen des Bombadierkäfers vor. Im Verteidigungsfall wird dem Gemisch Katalase zugemischt und dem Angreifer als 100 °C heißes, ätzendes Abwehrmittel entgegengespritzt. Also: keine Bombadierkäfer ärgern. 😊

In der Fotolabortechnik wird Hydrochinon als Reduktionsmittel zum Entwickeln von Filmen eingesetzt. Um die Gefahren für Umwelt und Gesundheit gibt es Bestrebungen, die Substanz für diese Anwendungen nach Möglichkeit durch weniger riskante Stoffe zu ersetzen.

Die kosmetische Verwendung von Hydrochinon in Hautcremes, z.B. zur Aufhellung der Haut, ist in den Ländern der EU verboten.

Diese Aufnahme  stammt neben vielen anderen, die wir in den geerbten Koffern fanden, von Hajo.

Ade, Servus, Auf bald!

Tatsächlich – wir sind am Ende des 24. Briefs angekommen. Wir können es selbst kaum glauben. Was war das für eine besondere Zeitreise gemeinsam mit Euch. Wir haben es sehr genossen  und sind nun ein wenig wehmütig, dass es vorbei ist.

Wir hoffen, dass Euch unsere Brief-Geschichte Freude und Unterhaltung gebracht hat und danken Euch sehr herzlich für Eurer Interesse, Euren Zuspruch und Eure Begeisterung.

Es wird weitergehen in der Galerie der verschwundenen Geschichten. Entweder mit einer Fortsetzung von Hajos und Christines Geschichte (die gäbe es – allerdings würde es ein Krimi) oder mit einer neuen Geschichte, die wir gemeinsam vor dem Verschwinden retten.

Es wäre wunderbar, wenn Ihr uns mit Eurer Rückmeldung in dieser Auswahlphase unterstützt.

Und wir würden uns sehr! freuen, wenn Ihr uns gewogen bleibt und unsere Galerie ab und an wieder besucht.

Herzlich Eure Rika &Joachim

P.S. Übrigens: in Kürze werden wir diese 24 Artikel auch als pdf-Download anbieten.

1 Kommentar

  1. Gabriela Mühlbauer

    ja bitte, wir hätten liebend gerne gewusst wie es mit den dreien weiter geht. Ein Krimi? Umso spannender erwartet.
    Vielen Dank und liebe Grüße aus Wien

    Antworten

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  1. Gabriela Mühlbauer

    ja bitte, wir hätten liebend gerne gewusst wie es mit den dreien weiter geht. Ein Krimi? Umso spannender erwartet.
    Vielen Dank und liebe Grüße aus Wien

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